Technik13.07.2021
Die GTÜ warnt: Vorsicht vor Überladung von Wohnwagen und Reisemobilen
- So kämpfen Camper gegen die Kilos
- Die geltenden Massen und Gewichte im Blick behalten für die sichere Ferienfahrt
- Sicher Packen will gelernt sein
Einfach alles reinpacken, was ins Reisemobil oder den Wohnwagen passt? Ganz so bequem sollte man sich es bei der Fahrt in die Ferien nicht machen, warnt die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung mbH. Denn für allzu sorglose Camper kann es kritisch werden, wenn die Polizei unterwegs das Gewicht des Fahrzeugs kontrolliert. Deshalb empfiehlt die Prüforganisation, sich genau über die erlaubte Zuladung zu informieren und vor der Fahrt zu prüfen, dass die Grenzwerte eingehalten werden.
Überladene Reisemobile und Wohnwagen sind absolut kein Kavaliersdelikt: Wer beispielsweise in Deutschland das zulässige Gesamtgewicht auf der amtlichen Waage um mehr als 20 Prozent überschreitet, der handelt sich 95 Euro Bußgeld und einen Punkt in Flensburg ein.
Im Ausland können die Strafen noch deftiger sein: Je nach Land und Grad der Überlastung drohen Verwaltungsstrafverfahren und bis zu vierstellige Bußgelder. Auch bei der Prüfung gibt es Unterschiede: Während in der Bundesrepublik eine fünfprozentige Toleranz für den von der Waage angezeigten Wert gilt, nehmen beispielsweise französische Behörden das Messergebnis ganz genau. Ist die Gewichtsgrenze im Nachbarland um mehr als 5 Prozent überschritten, kann die Weiterfahrt untersagt werden. Das bedeutet in der Praxis, dass Vorräte oder Teile des Gepäcks an Ort und Stelle entsorgt werden müssen. Dazu kommt das Risiko, Ärger mit der Versicherung zu bekommen, wenn das Übergewicht des Fahrzeugs zum Unfall führt.
Aber welche Grenzwerte genau gelten für das eigene Fahrzeug? Zur ersten Orientierung dient ein Blick in die Fahrzeugpapiere: Entscheidend für die jeweiligen Höchstgrenzen sind die Angaben in der Zulassungsbescheinigung, die ältere Camper noch als ‚Fahrzeugschein‘ kennen. Wo früher recht anschaulich von Gewichten die Rede war, spricht man heute – physikalisch korrekt – von Massen. Entscheidend ist in allen Fällen die zulässige Höchstmasse in Kilogramm. Sie ist im Feld F.1 der Zulassungsbescheinigung zu finden. Schwerer darf das Fahrzeug nicht sein, ganz egal, ob es ein Reisemobil ist, ein Zugwagen oder ein Caravan.
Ein eher theoretischer Wert ist die Angabe der Leermasse in Spalte G, denn in der Praxis weicht die Angabe häufig vom tatsächlichen Gewicht ab. Zwar ist das Gewicht des Fahrers (75 Kilogramm) und des zu 90 Prozent gefüllten Kraftstofftanks eingerechnet, doch üblicherweise zählen nur eine gefüllte Gasflasche und ein fast leerer Frischwassertank mit. Zudem vergessen viele Camper, nachträglich montiertes Zubehör zur Leermasse zu addieren. Außerdem gilt für die Hersteller eine fünfprozentige Toleranzregel. Ein Reisemobil, das laut Prospekt und Fahrzeugpapieren drei Tonnen wiegt, darf in Wirklichkeit also bis zu 3.150 Kilogramm auf die Waage bringen. Dann kann es mit der Zuladung knapp werden, wenn das Fahrzeug in der populären 3,5-Tonnen-Klasse unterwegs ist. Beliebt ist die 3,5-Tonnen-Klasse, weil sie mit dem gängigen Führerschein gefahren werden darf. Für ein schwereres Reisemobil braucht man entweder den alten Führerschein der Klasse 3 oder den EU-Führerschein der Klasse C1.
Was heißt das unter dem Strich? Für Reisemobilisten ist es sinnvoll, sich nicht einfach auf die Angabe im Prospekt oder in den Papieren zu verlassen. Stattdessen sollten sie mit dem fertig für den Urlaub vorbereiteten Fahrzeug auf die Waage fahren. Entsprechende Anlagen besitzen beispielsweise häufig Recyclinghöfe oder Agrargenossenschaften. Wer hier freundlich nachfragt, kann oft gegen eine kleine Gebühr sein Fahrzeug wiegen. Natürlich kann das Fahrzeug auch leer gewogen werden. Dann wird das gewogene Gepäck – ebenso wie das Gewicht aller Mitfahrer – später dazugerechnet.
Im Auge behalten sollten Camper schließlich auch die Faktoren Achslast, Anhängelast, Stützlast und Gewichtsverteilung: Manchmal werden bei voll beladenen Wohnmobilen die zulässigen Achslasten überschritten. Meist betrifft das die Hinterachse, weil die Heckgarage bis obenhin vollgepackt wird. Darunter leidet die Lenkpräzision, bei Fahrzeugen mit Frontantrieb auch die Traktion. Das gilt auch für den Zugwagen eines Gespanns, wenn eine zu hohe Stützlast auf die Anhängerkupplung drückt. Diese darf aber auch nicht zu niedrig sein, um eine sichere Verbindung zwischen Zugfahrzeug und Wohnwagen herzustellen. Zur möglichen Anhängelast gibt es Angaben für gebremste (Feld 0.1) und ungebremste Hänger (Feld 0.2) in der Zulassungsbescheinigung. Der Hersteller des Zugfahrzeugs muss sie so festlegen, dass das Gespann an einem Berg mit 12 Prozent Steigung in fünf Minuten fünf Mal anfahren kann. Mitunter sind im ergänzenden Text der Zulassungsbescheinigung auch höhere Anhängelasten an geringeren Steigungen freigegeben. Hier kann auch ein maximal zulässiges Gesamtzuggewicht stehen, das sich aus den tatsächlichen Gewichten des Zugwagens und des Anhängers (inklusive Stützlast) errechnet.
Was nicht in den Papieren steht, ist die alte Camper-Weisheit, dass schweres Gepäck nach unten gehört. Denn je tiefer der Schwerpunkt des Fahrzeugs liegt, desto geringer fallen Karosseriebewegungen und –neigung aus. Vor allem im Wohnwagen sollte schweres Gepäck nach Möglichkeit in der Fahrzeugmitte verstaut werden, auch wenn es sich auf den ersten Blick eher anbietet, die Stauräume unter den Betten oder im Deichselkasten zu nutzen. Doch genau davon raten die GTÜ-Sicherheitsexperten mit Nachdruck ab, weil die Fahrstabilität des Gespanns leidet und vor allem die Neigung zum Pendeln des Wohnanhängers zunimmt. Außerdem ist es sinnvoll, nach Möglichkeit eher die Ladekapazität des Zugwagens auszunutzen: Je schwerer der Zugwagen, desto stabiler das Fahrverhalten des Gespanns – das versteht auch, wer früher im Physikunterricht nicht aufgepasst hat.
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